EUHA 2025: Angebote rund ums Fachgeschäft
Offiziell wird die begleitende Ausstellung des EUHA-Kongresses immer noch als Industrieausstellung bezeichnet, dabei trifft der Begriff Fachausstellung mittlerweile besser zu.
In diesem Jahr dominierten zwar die zahlreiche Hörsystem-Neuvorstellungen die Fachausstellung, doch darüber hinaus bot Nürnberg erneut eine gute Gelegenheit, ein Update über zahlreiche Services rund um das Fachgeschäft zu erhalten. Insgesamt wurde die Ausstellung von 150 internationalen Ausstellern genutzt. Alle Messestände zu besuchen ist aus Zeitgründen natürlich nie möglich. An dieser Stelle folgt daher eine kleine Auswahl, unterteilt nach den unterschiedlichen Schwerpunktgebieten.
Fort- und Weiterbildung
Die Fort- und Weiterbildung war ein zentrales Thema auf dem EUHA-Kongress. Die Live Area bot Universitäten und den verschiedenen Lübecker Institutionen Gelegenheit, ihre Angebote zu zeigen. Einige präsentierten sich darüber hinaus auf eigenen Messeständen, und auch kommerzielle Anbieter wie das Meisterwerk Gesundheit/BAK nutzten die Messe, um ihre Fortbildungskurse vorzustellen. Zum erweiterten Angebot speziell für Auszubildende gehörten zudem geführte Messerundgänge und spezielle Vorträge.
Hearables und OTC
Mit Interesse wurde der Auftritt von EssilorLuxottica und der Nuance Hörbrille erwartet. Das Angebot einer Hörbrille ist nicht neu. Seit jeher gibt es die Möglichkeit, Hörsystemtechnologien mit einer Brille zu verbinden. In Nürnberg waren verschiedene Anbieter präsent, die entsprechende Lösungen im Portfolio haben. Einige davon kamen aus China und mit der Firma Bruckhoff war ein traditionelles Unternehmen aus Deutschland vertreten.
Eine Frage, die sich vielen im Vorfeld stellte, war, ob durch das angekündigte offene Lautsprechersystem das Signal für Umstehende hörbar ist. Bei einer Probe auf dem Messestand konnte dies überprüft werden und in der Tat vernahm man kein zusätzliches Signal oder Echo. Ein wichtiger Faktor dabei ist die schnelle Signalverarbeitung von 0,8 ms. Da primär das Sprachsignal durch die Brille verarbeitet wird, vernehmen Umstehende nicht das übertragene Signal, weil sie die Stimme zeitgleich direkt vom Sprecher vernehmen. Anders wäre dies unter Umständen bei der Übertragung eines Streaming-Signals, doch ist diese Funktion noch nicht integriert.
Der Messestand in Nürnberg war nicht überlaufen, doch gut besucht. Abzuwarten bleibt, wie sich in Zukunft die Nuance Hörbrille in den Fachgeschäften wiederfinden wird. Hearables beziehungsweise OTC-Angebote werden in Deutschland mit einer gewissen Skepsis betrachtet. Versuche, diese über die Fachgeschäfte zu vertreiben, waren in der Vergangenheit nicht besonders erfolgreich und entsprechende Produkte wurden zwischenzeitlich wieder zurückgezogen. Dabei erhielten sie durchaus gute Kritiken von Anwendern und der Nutzen einer möglichst frühen Versorgung wird nicht infrage gestellt.
Etabliert haben sich jedoch verschiedene Produkte, die speziell beim Fernsehen eingesetzt werden. In diesem Bereich wird die Auracast-Technologie zunehmend interessant, die in Nürnberg auch im Vortragsraum Sydney und auf der Live Area eingesetzt wurde. Entsprechende Sendeeinrichtungen wurden in Nürnberg beispielsweise vom Unternehmen Humantechnik vorgestellt.

Die individuelle Otoplastik ist seit jeher ein Markenzeichen und Aushängeschild der Fachbetriebe. ©EUHA/Foto Rechtnitz
Otoplastiken, Drucker und Scanner
Die individuelle Otoplastik ist seit jeher ein Markenzeichen und Aushängeschild der Fachbetriebe. Daher waren die führenden Anbieter in Nürnberg wieder gut vertreten. Neuvorstellungen in diesem Bereich sind oft nicht ganz so spektakulär wie ein neues Hörsystem, doch deswegen nicht weniger interessant. Kontinuierliche Weiterentwicklungen gab es in diesem Jahr unter anderem bei den Materialien. Ob klassisches Acryl oder stylishes Titan, bruchsicher, weich, bunt oder unauffällig – nahezu jeder Wunsch lässt sich erfüllen. Bei den Schmuck-Otoplastiken nimmt der finnische Anbieter Deathmetal eine augenfällige Sonderrolle ein. Die Otoplastiken für Hörsysteme, Knochenleitungssysteme oder CIs fallen durch ihr offensives Design besonders auf.
Auffallend war ebenso, dass KI-gestützte Verfahren beim Modelling oder dem 3D-Druck von Otoplastiken bei allen Anbietern eine immer größere Rolle spielen. Wie bei vielen digitalen Anwendungen schreitet hier der Fortschritt mit zunehmend hoher Geschwindigkeit voran. Daneben werden Scanner und Drucker immer kompakter, sodass ein Einsatz im eigenen Fachgeschäft attraktiv wird. Erst kürzlich meldete die Firma Dreve in diesem Zusammenhang eine zukünftige Zusammenarbeit mit einem chinesischen Hersteller. Zum Angebot der verschiedenen Firmen gehören auch umfassende Schulungsprogramme, um sich mit den digitalen Verfahren vertraut zu machen. Einen weiteren Themenschwerpunkt bildete traditionell der individuell gefertigte aktive und passive Gehörschutz sowie das In-Ear-Monitoring.
Bei der digitalen Abformung nahm bisher der Hersteller Natus eine führende Rolle ein. Um sein Angebot für noch mehr Anwender zu öffnen, hat man sich entschlossen, die Geschäftsmodelle den Wünschen der Kunden weiter anzupassen. Dabei sollen bisherige Abo-Lösungen durch eine Einmalzahlung abgelöst werden. Der digitale Fortschritt öffnet auch auf diesem Gebiet neuen Playern den Markt. Das auf der Live Area präsentierte Start-up AKmira optronics stellte dort und auf einem eigenen Messestand ein Verfahren vor, das den digitalen Ohrscan weiter vereinfacht und optimiert. Die Handhabung des an einen Leuchtstab erinnernden Scanners soll extrem einfach und sicher sein. Geplant ist, den Scanner bereits 2026 Interessenten käuflich anzubieten.

Auf dem Gebiet der digitalen Abformung gehört Hersteller Natus zu den Leadern. Um sein Angebot für noch mehr Anwender zu öffnen, hat man sich nun dazu entschlossen, die Geschäftsmodelle den Wünschen der Kunden weiter anzupassen. ©EUHA/Foto Rechtnitz
Marketing
Die Kundenansprache ist ein zunehmend wichtiger Faktor für einen erfolgreichen Auftritt vor Ort. Soziale Medien gewinnen dabei immer mehr an Bedeutung. Für Inhaberinnen und Inhaber eines Fachgeschäftes sind diese Kommunikationswege doch meist Neuland und oftmals fehlt einfach die Zeit, sich um eine entsprechende Umsetzung zu kümmern. Eine Lösung wäre die Einbindung eines externen Dienstleisters, der diese Aufgaben übernimmt. Dazu konnte man sich auf der Fachausstellung unter anderem bei Anbietern wie hellomateo oder Sinfona informieren. Das Unternehmen Sinfona aus Salzkotten präsentierte sich in Nürnberg nicht ganz so auffällig wie in den Jahren zuvor, als man die Besucher mit einem Helikopter als optisches Highlight auf den Messestand aufmerksam machte. Das Angebot des 2020 gegründeten Unternehmens bleibt jedoch interessant (und in der Ansprache offensiv). Mit der Agenturmarke stoke und dem online basierten Kundenkommunikationstool sina haben Fachbetriebe die Möglichkeit, die Kundenansprache professionell gestalten zu lassen. Die digitale Kundenansprache muss dabei DSGVO-konform sein, wie hellomateo betonte und in diesem Zusammenhang auf deren geprüfte Tools verwies. Große Bedeutung bei der Nutzung digitaler Netzwerke hat das Thema Datensicherheit. Auch kleinere Fachbetriebe können sich nicht mehr vor den möglichen Auswirkungen der Cyberkriminalität verschließen. Der 2006 gegründete Serviceanbieter Computersysteme Lonz betreut seit vielen Jahren Hörakustik-Fachbetriebe und stellte in Nürnberg erneut seine Services vor.
Der Blick über den Tellerrand
Auch in diesem Jahr waren wieder viele Anbieter aus dem asiatischen Raum, vornehmlich aus China, auf der Fachausstellung präsent. Eine Reihe dieser Anbieter wie zum Beispiel ForSound, Soundlink oder Austar schauen inzwischen auf eine gewisse EUHA-Tradition zurück. Wer den Kongress für einen Blick über den Tellerrand nutzte, wird feststellen, dass die Portfolios der Anbieter mittlerweile mit den Angeboten der traditionellen Hersteller gut mithalten können. Allerdings bleibt der Markt in Deutschland ein schwieriges Umfeld für die Anbieter, da diese über keine geeigneten Vertriebsstrukturen verfügen. Auf dem EUHA-Kongress sprechen die Aussteller daher weiterhin internationale Besucher an, die sich in ihren Heimatländern in einem anderen Marktumfeld bewegen.
Ein kurzes Fazit zum diesjährigen EUHA-Kongress
Der EUHA-Kongress und die Fachausstellung boten auch in diesem Jahr eine Vielzahl von Angeboten, um sich über aktuelle Trends zu informieren. Egal ob Hörsysteme oder Services, digitale Lösungen und KI-gestützte Verfahren zogen sich wie ein roter Faden durch die Tage in Nürnberg.
Bereits am Mittwoch war die Messe gut besucht, traditionell auch am Donnerstag. Der Freitag bleibt eine gewisse Herausforderung für die Veranstalter. An Versuchen, diesen attraktiv zu gestalten, hat es auch in diesem Jahr nicht gefehlt. Die Keynotes über Zukunftsthemen auf der neuen Live Area waren hier eines der Elemente. Ebenso das attraktive Angebot für Auszubildende, die EUHA-Fachausstellung kostenfrei zu besuchen, kam gut an.
Um sich die Zeit gezielt einteilen zu können, wurden die Fachvorträge erstmalig nach inhaltlichen Schwerpunkten gegliedert. Am Mittwoch war dies der Bereich Hörforschungm am Donnerstag Hörsystemanpassung und Therapie. Am Freitag standen dann wie gewohnt Zukunftsthemen im Fokus. Begleitet wurde der Kongress von zahlreichen Abendveranstaltungen. Ob Standpartys, FGH-Abend oder der traditionelle Kongresstreff, es gab reichlich Angebote, sich gemeinsam über das Erlebte im gemütlichen Ambiente auszutauschen.
Die Bedeutung des EUHA-Kongresses zeigte sich auch dahingehend, dass führende CEOs der großen international tätigen Konzerne in Nürnberg zugegen waren. Sowohl Søren Nielsen (Demant), Eric Bernard (Sonova) als auch Brandon Sawalich (Starkey) nutzten die Gelegenheit, sich persönlich an die Besucherinnen und Besucher zu wenden.
Wer keine Gelegenheit hatte, in Nürnberg den EUHA-Kongress zu besuchen, sollte dies 2026 in Hannover nicht versäumen. Nicht umsonst zählen Kongress und Fachausstellung zu den weltweit größten Veranstaltungen ihrer Art. Die Möglichkeit, im eigenen Land und ohne großen Aufwand daran teilhaben zu können, sollte man sich nicht entgehen lassen.