„Der erste Hörtest für das Gehirn"

Ein Hörverlust betrifft bekanntermaßen weit mehr als nur das Ohr - er verändert, wie Sprache im Gehirn ankommt und verarbeitet wird.

Jan-Patric Schmid, Veröffentlicht am 27. August 2025

„Der erste Hörtest für das Gehirn“

Genau hier setzt der wissenschaftlich fundierte, tabletbasierte Kognitionstest DiCoDi® (Digital Cognitive Diagnostics) an, der speziell für Menschen mit Hörverlust entwickelt wurde. Er ist einfach durchzuführen, visuell gestaltet und lässt sich nahtlos in die Beratung eines modernen Fachgeschäfts integrieren. Damit lässt sich nicht nur mehr Transparenz für Kunden schaffen – das Fachgeschäft positioniert sich zukunftsorientiert, bietet einen spürbaren Mehrwert und trägt gezielt zur Förderung geistiger Fitness bei.

Ein zunehmendes Lebensalter geht oft mit sensorischen Einschränkungen wie beispielsweise einer Schwerhörigkeit einher. Gleichzeitig können auch geistige Funktionen wie das Gedächtnis oder die Konzentration im höheren Lebensalter nachlassen. Ein altersbedingter Hörverlust kann aber den geistigen Abbau zusätzlich beschleunigen und die Auswirkungen des Alterns auf die Kognition verstärken. Gerade deshalb gewinnt die frühzeitige Erkennung kognitiver Veränderungen im Umfeld der Hörakustik an Bedeutung. Hier setzt der DiCoDi an – ein speziell für Menschen mit Hörverlust entwickelter, tabletbasierter Test, der eine erste Einschätzung der kognitiven Leistungsfähigkeit ermöglicht. Anders als herkömmliche Tests kann der DiCoDi unabhängig vom Hörvermögen eingesetzt werden und ist so konzipiert, dass er einfach, schnell und selbsterklärend im Fachgeschäft eingesetzt werden kann. Doch wie hängt das Thema Kognition und Hören zusammen? Und warum wird das Thema Kognition in der Hörakustik überhaupt wichtig?

Kognition und Hören – ein unterschätztes Team

Hören ist kein rein peripherer Prozess – es ist untrennbar mit der Verarbeitung im zentralen Nervensystem verbunden. Während das Ohr Schall aufnimmt und in neuronale Signale umwandelt, entscheidet erst das Gehirn, was davon verstanden, gefiltert oder ignoriert wird. Die kognitive Verarbeitung von Sprache – insbesondere in anspruchsvollen Hörumgebungen – ist dabei ein komplexes Zusammenspiel aus Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Akustikerinnen und Akustiker wissen: Gutes Hören ist mehr als ein gutes Audiogramm. Besonders bei älteren Menschen mit Hörverlust stellt sich oft die Frage, wie effizient Sprache im Gehirn verarbeitet wird – und ob eine reduzierte Hörverarbeitung auch mit kognitiven Veränderungen einhergeht.

Der klassische Hörtest bildet zentrale kognitive Einflussfaktoren nur begrenzt ab. Viele Akustiker kennen Situationen, in denen die Informationen eines Audiogramms nicht ausreichen, um das komplexe Hörerleben vollständig zu erklären: Hören endet nicht im Innenohr – es setzt sich im Gehirn fort. Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit können eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie Sprache im Alltag verarbeitet wird. Und genau hier setzt der DiCoDi an: Er erfasst kognitive Fähigkeiten, sogar unabhängig vom Hörvermögen. Damit eröffnet sich eine zusätzliche Perspektive auf das Hören.

Die Lancet-Studien: Warum gutes Hören so wichtig ist

Aktuelle Studien zeigen, dass Einschränkungen des Hörvermögens das Risiko von geistigen Defiziten und einer Demenz erhöhen können. Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, bei der es zu neurodegenerativen und oder vaskulären Änderungen im Gehirn kommt. Dadurch werden Nervenzellen zerstört. Liegt eine Demenz vor, können alle geistigen Funktionen wie das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Sprache oder auch die Orientierung beeinträchtigt sein, aber auch Emotions- und Persönlichkeitsveränderungen auftreten.

Forschende der Fachzeitschrift „The Lancet“ identifizierten im Jahr 2020 zunächst die zwölf wichtigsten veränderbaren Risikofaktoren für die Entwicklung einer späteren Demenz. Diese wurden 2024 bestätigt und um weitere Faktoren ergänzt. Insgesamt benannte das Forschungsteam 14 potenziell modifizierbare Risikofaktoren, darunter Rauchen, Depression, soziale Isolation und Luftverschmutzung. Schätzungen zufolge ließen sich bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindern oder zumindest verzögern, wenn es gelänge, diese Risikofaktoren zu reduzieren oder zu eliminieren. Dabei war eine Schwerhörigkeit im mittleren Lebensalter eines der wichtigsten veränderbaren Risikofaktoren für eine spätere Demenz. Wichtig dabei zu betonen ist, dass die Faktoren auch miteinander agieren, was eine isolierte Betrachtung der einzelnen Risikofaktoren limitiert. Die Lancet-Kommission genießt weltweit höchstes Ansehen, weil sie unabhängig, wissenschaftlich fundiert und interdisziplinär arbeitet.

Mögliche Mechanismen: Warum könnten Schwerhörigkeit und Demenz in Zusammenhang stehen?

Wie genau Schwerhörigkeit und Demenz in Zusammenhang miteinander stehen und warum dieser Zusammenhang überhaupt vorliegt, ist bis dato nicht geklärt. Es gibt allerdings drei Mechanismen, die wiederholt diskutiert werden:

Ein erster Erklärungsansatz ist das Vorliegen einer gemeinsamen Pathologie. Hierbei wird angenommen, dass sowohl Schwerhörigkeit als auch Demenz auf ähnliche altersbedingte Veränderungen zurückzuführen sein könnten. Möglicherweise haben Hörverlust und Demenz demnach gemeinsame biologische Ursachen.

Ein zweiter zentraler Mechanismus betrifft die durch den Hörverlust verarmte Umwelt. Wenn das Hören schwerfällt, ziehen sich Betroffene häufig aus Gesprächen und gesellschaftlichen Aktivitäten zurück. Die Kommunikation wird mühsamer, Missverständnisse nehmen zu, und viele meiden soziale Situationen aus Scham oder Frustration. Diese Isolation führt dazu, dass das Gehirn weniger gefordert wird.

Der dritte Mechanismus ist die erhöhte kognitive Belastung durch den Hörverlust. Wer schlecht hört, muss sich beim Zuhören viel stärker konzentrieren, um Sprache und Geräusche zu verstehen. Diese ständige Überlastung kann dazu führen, dass für andere geistige Aufgaben – wie Erinnern, Planen oder Problemlösen – weniger Kapazität zur Verfügung steht. Über längere Zeit kann diese chronische Überforderung dazu beitragen, dass kognitive Funktionen abgebaut werden und die Entwicklung einer Demenz begünstigt wird.

Eine Chance für die Hörakustikbranche

Die Früherkennung kognitiver Defizite ist zentral, um kognitiven Abbau zu erkennen, zu prävenieren und oder zu verzögern. Leider bleiben kognitive Defizite gerade im frühen Verlauf häufig unerkannt und oft vergehen viele Jahre, bis ein kognitiver Abbau bemerkbar wird. Nicht zuletzt die Ergebnisse der Lancet-Studien legen nahe, welche Chancen sich für die Hörakustik abzeichnen. Gerade die Erkennung früher und erster Anzeichen könnte in der Hörakustik das Bewusstsein für ein fittes Gehör stärken und die Kundenberatung sinnvoll ergänzen.

Bisher fehlte in der Hörakustikbranche dafür aber ein einfaches, schnelles Werkzeug, was selbsterklärend ist und auf mögliche Anlaufstellen hinweist. Der DiCoDi schließt genau diese Lücke und wurde vor diesem Hintergrund entwickelt.

DiCoDi – ein „Hörtest für das Gehirn“

Der DiCoDi wurde von der Klinik und Poliklinik für Neurologie sowie der Abteilung für Medizinische Psychologie der Uniklinik Köln in Kooperation mit dem KOJ hearing network entwickelt. Der DiCoDi ist ein Test, der es ermöglicht, eine erste Einschätzung über den kognitiven Status zu geben und testet dabei wichtige kognitive Domänen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Verarbeitungsgeschwindigkeit. Zudem ist der DiCoDi auch für Menschen mit Hörverlust geeignet. Das bedeutet: Die Aufgaben sind so gestaltet, dass sie auch bei eingeschränktem Hörvermögen zuverlässig bearbeitet werden können, da alle Items ausschließlich visuell dargeboten werden. Die Durchführung ist kurz und unkompliziert, sodass der Test problemlos in den Alltag eines Fachgeschäfts integriert werden kann. Zudem kann der DiCoDi selbstständig durchgeführt werden, wertet sich automatisch aus und gibt sofort Rückmeldung.

Ziel war es, ein Verfahren zu schaffen, das Menschen frühzeitig eine Einschätzung ihrer kognitiven Fitness ermöglicht. Der DiCoDi ist dabei ausdrücklich kein Ersatz für eine umfassende neuropsychologische Diagnostik, sondern vielmehr ein erster Schritt, um wichtige kognitive Bereiche zu überprüfen und das Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Gehör und Gehirn zu fördern.

Wissenschaftlich untersucht und auf Kongressen vorgestellt

Das Instruktionsverständnis, die Durchführbarkeit und Akzeptanz des DiCoDi wurde bereits 2021 im Rahmen einer Pilotstudie mit 70 Personen überprüft und als gut bis sehr gut bewertet. Damit wurde sichergestellt, dass der DiCoDi auch von älteren Personen ohne Probleme bedient werden kann.

Zudem wurde eine umfassende Studie mit insgesamt über 300 Personen durchgeführt, um die Validität des DiCoDi zu überprüfen sowie Summenscores und Cut-Off-Werte zu erstellen. Dazu wurden sowohl Personen mit Hörverlust als auch Personen ohne Hörverlust mit dem DiCoDi sowie einer umfassenden neuropsychologischen Testbatterie getestet. Zudem wurde die Retest-Reliabilität des DiCoDi überprüft, indem an zwei Zeitpunkten der DiCoDi wiederholt durchgeführt wurde.

Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass der DiCoDi ein reliables und valides Instrument zur Früherkennung von kognitiven Defiziten sein kann, und das sowohl für Menschen mit als auch ohne Schwerhörigkeit.

Seit 2021 wurde der aktuelle Status dieser umfassenden Studie zudem immer wieder auf nationalen und internationalen Kongressen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Gesellschaft für Audiologie oder der Europäischen Union der Hörakustiker vorgestellt. Dadurch wurden die Forschungsergebnisse einer breiten wissenschaftlichen Gemeinschaft zugänglich gemacht und die Sichtbarkeit des DiCoDi wurde erhöht. Die wiederholte Vorstellung auf verschiedenen Kongressen unterstützte außerdem, dass der DiCoDi kontinuierlich weiterentwickelt und evaluiert werden konnte.

Geistig fit bleiben – ein echtes Kundenanliegen

Für viele Menschen ist geistige Fitness heute ein fester Bestandteil ihres Gesundheitsbewusstseins. Themen wie Konzentration, Gedächtnis oder das Risiko kognitiver Veränderungen rücken zunehmend in den Fokus – nicht aus Angst, sondern aus dem Wunsch, aktiv Einfluss zu nehmen und informiert zu bleiben. Akustiker*innen können genau hier einen spürbaren Mehrwert bieten: Mit dem DiCoDi haben sie die Möglichkeit, ihre Beratung zu erweitern und ihren Kund*innen ein modernes Instrument an die Hand zu geben, das wichtige kognitive Funktionen erfasst und verständlich einordnet. Der Test gibt einen ersten Einblick in zentrale kognitive Funktionen – als Ergänzung zur Hörberatung und als Impuls für einen bewussteren Umgang mit dem eigenen Gehör. So kann ein Beratungsgespräch entstehen, das Kunden abholt und das Bewusstsein für die Wichtigkeit eines guten Gehörs schafft.

Exklusiv für Mitglieder im KOJ hearing network

Die Anwendung des DiCoDi ist besonders einfach, der Test erklärt sich dem Kunden von selbst und kann im Fachgeschäft oder im Verlauf der KOJ® Gehörtherapie durchgeführt werden. Die Auswertung erfolgt automatisch und kann für den Kunden ausgedruckt werden. Besonders wertvoll sind auch weiterführende Tipps und Empfehlungen, um sein Gehör fit zu halten. Der DiCoDi baut damit die Brücke von der Hörgeräteberatung zum Bewusstsein für geistige Fitness und kann so die Motivation fördern. Interessierte Akustikerinnen und Akustiker können sich an das KOJ hearing network wenden, um mehr über den praktischen Einsatz zu erfahren oder eine Demo zu erhalten. Zur einfachen Anwendung des Dicodi bietet das KOJ hearing network zudem Schulungen und praktisches Material zur Auslage im Fachgeschäft an.

Jan-Patric Schmid
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