Michaela Kamp ist die neue Geschäftsführerin von Audio Service
Nach über zwei Jahrzehnten Betriebszugehörigkeit steht Michaela Kamp nun an der Spitze von Audio Service Deutschland.

Im Interview sprach sie mit Audio Infos über die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Hörakustikbranche, den überraschenden Weg in ihre neue Führungsposition, das Selbstverständnis von Audio Service als Partnermarke innerhalb der WS Audiology (WSA) Unternehmensgruppe – sowie über das starke Engagement für Kundennähe, Markenwerte und das zeitgemäße „tune“-Konzept.
Audio Infos: Frau Kamp, seit 2003 gehören Sie dem Unternehmen an und sind seit dem 1. Juni 2025 die neue Geschäftsführerin von Audio Service. Was hat sich seit Ihrem Eintritt in die Branche aus Ihrer Sicht am meisten verändert?
Michaela Kamp: Als ich hier in Löhne angefangen habe, war ich überrascht, wie klein Hörgeräte sein können – ich kannte bis dato nur die klobigen Hörgeräte meiner Oma. Und es hat mich erstaunt, wie die folgenden Generationen immer kleiner wurden und irgendwann sogar im Gehörgang verschwinden konnten. Also wie sich die Technik in all den Jahren verändert hat, ist schon beeindruckend. Ich vergleiche es gerne mit einem Mobiltelefon: Früher war man froh, wenn man mit einem Handy telefonieren konnte, heute geht man damit wie selbstverständlich ins Internet – und kann es dank der Bluetooth-Konnektivität sogar mit Hörgeräten verbinden. Aber auch die Akzeptanz ist in all den Jahren stetig gewachsen. Sowohl bei den Endkunden, die ihre Hörgeräte heutzutage viel selbstbewusster tragen, als auch bei den Hörakustikern, die sich immer offener gegenüber neuen Techniken zeigen. Das ist eine rasante technische und gesellschaftliche Entwicklung, die unheimlich interessant ist und die ich mir am Anfang meiner beruflichen Laufbahn niemals hätte vorstellen können.
War es Ihr Plan, eines Tages die Geschäftsführung von Audio Service zu übernehmen?
(lacht) Definitiv nicht. Ich habe hier im Bereich Exportkontrolle und Zoll angefangen, 2019 die Teamleitung der Stammdaten übernommen und bin 2020 gefragt worden, ob ich den Kundenservice leiten möchte. Da habe ich wirklich mit mir gehadert, denn eigentlich wollte ich niemals disziplinare Verantwortung tragen. Aber es hat sehr gut funktioniert und der Customer Service, den ich auch weiterhin leiten werde, wird immer einer meiner Happy Places bleiben. Als mich Christian Honsig, der jetzige Geschäftsführer Vertrieb WSA Deutschland, anrief und mir die Geschäftsleitung von Audio Service anbot, war ich zunächst total überrascht. Aber ich habe schon am Ende des Telefonats zugesagt. Denn ich kenne seit Langem unser Unternehmen, unsere Produkte, ich habe mir Netzwerke an unseren ganzen Standorten aufgebaut und vor allem habe ich ein ganz tolles Team, mit dem ich mich sehr gut verstehe und auf das ich mich verlassen kann. Und ich weiß, dass ich auch von Christian Honsig Support bekomme, wenn ich ihn brauchen sollte. Insofern war es letztlich eine leichte und schnelle Entscheidung, dieses völlig unerwartete Angebot anzunehmen. Und bisher habe ich sie auch nicht bereut (lacht).
Wie mit Ihrem Vorgänger Christian Schraufstetter wurde die Geschäftsführung erneut aus internen Reihen besetzt?
Ich denke schon, dass diese Strategie ihre Berechtigung hat. Wir stehen aktuell super da und befinden uns auf einem konstanten Erfolgskurs, den ich natürlich weiterführen möchte. Warum sollte ein Unternehmen in einer solchen Phase ein Risiko eingehen und eine externe Person engagieren, die eventuell alles umkrempeln und anders machen möchte? Oder andersherum ausgedrückt: Jemand, der die Strukturen eines Unternehmens, den Kundenstamm, die Mitarbeitenden und interne Prozesse sehr gut kennt, kann speziell in guten Zeiten sicherlich einen reibungsloseren Wechsel als ein Außenstehender gewährleisten. Ich hatte zudem das große Glück, dass ich mit meinem Vorgänger Christian Schraufstetter immer sehr gut und eng zusammengearbeitet habe. Wir waren ein tolles Team und er hat mir die Übergabe sehr leicht gemacht.
Wurde der Geschäftsführerposten nun bewusst mit einer Frau besetzt?
Ich glaube nicht, dass meine Wahl etwas mit der Frauenquote zu tun hat. Die WSA-Strategie lautet immer, dass die Person einen Posten bekommt, auf den sie passt. Für mich ist meine neue Funktion also in erster Linie ganz viel Wertschätzung und Anerkennung. Und wenn man eine solche Chance bekommt, sollte man sie nutzen. Wobei natürlich auch viel steht und fällt mit dem Team, das einen umgibt. In meinem Fall sind das ganz viele taffe Männer und Frauen, die sich wunderbar ergänzen (lacht).
Eben sprachen wir schon kurz über ihn: Christian Honsig übergab im Oktober des vergangenen Jahres die Geschäftsleitung von Signia und agiert seitdem als Geschäftsführer Vertrieb WSA Deutschland. Spüren Sie bei Audio Service, Teil der Unternehmensgruppe, seitdem einen Kurswechsel?
Ich finde, wir sind noch näher zusammengerückt. Und das ist definitiv ein Anliegen von Christian Honsig. Wir drei Marken interagieren generell viel miteinander und haben einmal im Monat einen offiziellen Austausch im Management Board, aus dem wir einige Dinge systematisch in unsere jeweiligen Häuser weitertragen. Aber: Wir sind und bleiben drei selbstständige Marken, das ist ganz wichtig. Denn nur wenn die jeweils eigenen Werte gespielt werden, kann Multibrand funktionieren, und so positionieren wir uns ja auch als Unternehmensgruppe: Signia steht bei WSA für die beste Lösung für Sprache im Störlärm, Widex für den natürlichsten Klang, Audio Service übernimmt die Partnerrolle und wir haben das Alleinstellungsmerkmal „tune“, das zusammen mit unserem Aktivmarketing die DNA unserer Marke ausmacht. Und trotz dieser Eigenständigkeit geben wir unser Möglichstes, um als Verbund so eng wie möglich zusammenzurücken. Was spricht denn auch dagegen, existierende Synergien in einer großen Unternehmensgruppe zu nutzen und uns intensiver untereinander auszutauschen? Unser European Distribution Center in Posen nutzen wir beispielsweise alle drei. Wenn da ein neues, gemeinsames Thema auf den Tisch kommen soll, kann ich doch viel besser als WSA Germany agieren, anstatt dass jede Marke dort das gleiche Vorhaben dreimal vorträgt.
Werden Sie als Unternehmensgruppe auch auf dem nächsten EUHA-Kongress in Nürnberg räumlich enger zusammenrücken?
Auf der Nürnberger EUHA werden wir genauso agieren wie in den letzten Jahren: Wir haben drei einzelne Stände, die nah beieinander liegen. Unser Stand wird in gewohnter Art und Weise offen, lebendig und einladend sein. Neu ist ein Vortragsprogramm in einer Fokus-Area, die wir harmonisch in den Stand integrieren. Und selbstverständlich werden unsere starken Kernwerte wie „tune“, Marketing Services und natürlich Atelier, das ja ein bisschen alles vereint, auch vor Ort sein.
In dem Hörmobil von Audio Service, das vergangenes Jahr auf Ihrem EUHA-Stand in Hannover präsentiert wurde, saßen Sie nun als neue Geschäftsführerin am Steuer und fuhren damit durch die Roadshow „tune on tour“, die es zwischen Mitte Juni und Ende August digital zu sehen gab.
Richtig, unser Hörmobil, das ja auch Teil unseres Aktivmarketings ist, stand in Hannover auf dem wahrscheinlich teuersten Zeltplatz der Welt (lacht), und für unsere Roadshow bin ich tatsächlich das erste Mal damit gefahren. Als Inspiration zu diesem Konzept diente unserem Brand Lead Nils Vogelsang das TV-Format „Carpool Karaoke“ mit „Late Show“-Host James Corden. Als er mir das erste Mal davon erzählt hat, dachte ich zunächst, er macht sich einen Spaß. Aber es war ernst gemeint, und das Format verkörpert wirklich sehr gut die Werte und die Herkunft von Audio Service. Ich fahre ja praktisch – gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen auf dem Beifahrersitz – durch die Geschichte von Audio Service und zeige in Gesprächen auf, wie aus einer ursprünglichen Idee eine individuelle, maßgeschneiderte und partnerschaftliche Haltung wurde, die bis heute aufrechterhalten wird und für die Audio Service immer noch steht. Aber die Roadshow diente natürlich auch dazu, die Gesichter hinter unserer Marke und mich als neue Geschäftsführerin vorzustellen. Im Kundenservice agierte ich ja schließlich eher im Hintergrund.
Bei dem digitalen Roadtrip legten Sie den Fokus aber auch auf das „tune“-Konzept von Audio Service, das eine flexible und individuelle Anpassung von Hörsystemen in den Mittelpunkt stellt.
Ja, genau. Mit tune bieten wir den Akustikern eine Lösung an, die ihnen das Leben und die Beratung ungemein erleichtern kann und gleichzeitig auch für die Kunden ganz viele Vorteile hat. Mit dem Lauf der Jahre und besonders dann, wenn sich eine Lebenssituation aus unvorhersehbaren Gründen ändert, ist „tune“ eine großartige Lösung. Aber auch generell betrachtet ist dieses Hörsystem ein extrem nützliches Werkzeug, das Hörakustikerinnen und Hörakustikern eine zu 100 Prozent kundenzentrierte Anpassung ermöglicht: Sie können mit nur einem Gerät, egal ob IdO oder HdO, und während des gesamten Versorgungszeitraumes alles zeigen, testen und Hörerlebnisse für ihre Kunden sofort erlebbar machen.