10 Jahre audiosus

Audiosus feierte am 17. Februar seinen 10. Geburtstag! Rund 200 geladene Gäste lauschten den Visionen und Ideen der vergangenen Jahre, aber vor allem auch den Chancen, die es in Zeiten des Wandels zu nutzen gibt.

Text und Fotos: Jana Herrmann, Veröffentlicht am 29 Februar 2024

10 Jahre audiosus

Trotz einiger kurzfristiger, karnevalsbedingter Teilnehmerabsagen war der größte Vortragssaal des Kur- und Kongress-Centers von Bad Windsheim – zumindest gefühlt – bis auf den letzten Platz belegt. Rund 200 geladene Gäste kamen in die bayerische Provinz zwischen Würzburg und Nürnberg, um den 10. Geburtstag der audiosus GmbH zu feiern. „Viele Leute haben es nicht für möglich gehalten, dass unser Konzept jemals funktionieren würde“, erklärte Mitinhaber Christoph Stinn in seiner Begrüßungsrede. „Ablehnung und Anfeindungen“ hätten er und Gründungspartner Peter Möckel zunächst erlebt, als sie ihre Visionen für ein ganz besonderes Anpassungskonzept entwickelten.

Entstanden sei die Geschäftsidee aus langjährigen Erfahrungen, die die beiden in der Hörakustik und Industrie gemacht haben. „Nach der Anpassung konnten wir oft nicht mehr erfüllen, was wir dem Kunden in der Beratung empfohlen haben. Es fehlte eine Art emotionales Bindeglied zwischen dem Kunden und dem Produkt, und das hat sich nicht richtig angefühlt. Das Konzept von audiosus basiert deshalb auf der klaren Fokussierung auf den Kunden und gibt mir eine ganz klare Idee davon, was der Kunde will und wie ich ihn in jeder Phase der Hörversorgung begeistern kann. Mit unseren Produktlösungen können Sie Ihre fachliche Kompetenz als Hörakustiker untermauern und haben einfach bedienbare Tools, um den Kunden in die Beratung, Anpassung und den Service aktiv miteinzubinden. Der Kunde geht dann mit dem Gefühl nach Hause, seine Versorgung selbst mitgestaltet zu haben. Und der wirtschaftliche Erfolg kommt in solch einer Konstellation ganz automatisch“, so Stinn.

Klare Visionen, Mut und „Bock auf Neues“

Die zentrale Komponente hinter dem audiosus-Konzept bildet dabei die aurelia-Software. Dabei handelt sich es um ein Freifeld-Anpasssystem, das auf Basis der Kurven gleicher Lautheit beruht und ursprünglich von „Mozart“ alias Hans Rainer Kurz konzipiert wurde. Christoph Stinn und Peter Möckel haben es zwei Jahre lang optimiert und bis zur ersten Version der aurelia-Software verfeinert. Mit der Zeit entwickelten audiosus-Gründer Stinn und Möckel dann weitere Produkte wie das digitale Beratungstool audiocon und die App myAkustiker. Und ihr Durchhaltevermögen zahlte sich aus: Das Anpasssystem aurelia ist inzwischen europaweit patentiert und audiosus beschäftigt heute über 18 Mitarbeiter.

Auf der Jubiläumsveranstaltung diente Stinns kurze Reise in die Vergangenheit jedoch keinesfalls dem Eigenlob, sondern vielmehr als Denkanstoß für die Zukunft: Klare Visionen, Durchhaltevermögen, Mut, „Bock auf Neues“ und nicht zuletzt eine kindliche Begeisterungsfähigkeit sind seines Erachtens die besten Werkzeuge, um Veränderungen anzugehen, aktuelle Herausforderungen zu meistern und neue Chancen für sich zu nutzen. Konkrete Anregungen für diese Zukunftsvisionen gab es anschließend in Form von spannenden Fachvorträgen, die unter dem Motto „Liebe zur Veränderung“ standen und von Changemanagement, 3D-Modeling und Otoplastiken, Pädakustik, einem neuem Tool zur Messung von Höranstrengung und der Kunst des Zuhörens handelten.

Emotionen, Piraten und Otoplastiken

Besonders emotional war dabei der Vortrag von Dr. Brigitta Gabriel, die von ihrem persönlichen Lebensweg erzählte. Aus ihrem strengen Elternhaus, in dem keine Widerworte geduldet wurden und in dem sie als folgsames Mädchen funktionieren musste, flüchtete sie in ein Physikstudium. In dieser „toten Materie“ beschäftigte sie sich mit Zahlen, Daten, Fakten – und vermied so den Umgang mit anderen Menschen. Erst als sie ihr beruflicher Werdegang an das Hörzentrum Oldenburg führte, fand die heutige Hörexpertin und Unternehmensberaterin für Hörakustiker ihre wahre Berufung. „Dort wurde mir schlagartig klar, dass ich in meiner Kindheit einfach nicht gehört wurde, und seit dieser Erkenntnis war mir klar: Ich will Menschen Gehör verschaffen!“, so Gabriel. Die Kunst des Zuhörens sei dabei nicht nur auf privater Ebene, sondern gerade auch für den Beruf des Hörakustiker essenziell. „Unser Gehirn konzentriert sich in einem Gespräch automatisch auf eine Antwort und übergeht mit diesem schnellen Automatismus oft die wahren Anliegen des Gesprächspartners. Wenn wir uns jedoch in einem Beratungsgespräch mehr Zeit vor einer Antwort nehmen, nehmen wir auch die Wünsche unseres Kunden besser wahr. Denn gerade in der Hörakustik geht es darum, die fachliche Welt in Emotionen zu übersetzen und den Kunden Gehör zu verschaffen“, plädierte Gabriel.

Dr. Florian Ross, Geschäftsführer von Das Hörhaus in Regensburg und Consultant bei der Unternehmensberatung Turningpoint, erklärte dagegen in seinem Vortrag, warum wir Menschen uns generell so schwer mit Veränderungen tun, obwohl sie uns zwangsläufig das ganze Leben begleiten und nun auch in der Hörbranche immer unumgänglicher werden. Der Digitalisierung von Geschäftsprozessen und der Einführung agiler Organisationsstrukturen stehen oft die Macht der Gewohnheiten, aber auch ungünstige Selbsteinschätzungen und Strategien entgegen, so Ross. Dennoch „wäre es nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am ehesten bereit ist, sich zu verändern“, zitierte Ross in diesem Zusammenhang den Begründer der Evolutionstheorie Charles Darwin. Und empfahl für den Weg der Veränderung, sich nicht nur „mit den richtigen Personen zu umgeben“, sondern sich auch an der Philosophie der Piraten zu orientieren. Denn Piraten seien in der Wissenschaft die „Experten des Changemanagements“, weil sie stets ein knackiges Konzept haben, das schnell überprüft und postwendend durchgeführt werde.

Oder ist etwa die Inhouse-Fertigung von Otoplastiken die optimale Investition in die Zukunft, um sich von anderen Mitbewerbern am Markt zu differenzieren? Dieser Frage widmete sich Dominic Schmidt, der 2022 seinen Posten als stellvertretender Geschäftsführer bei Hörluchs niederlegte und sich mit seinem Unternehmen DS Audio Consulting in Österreich selbstständig machte. Seine Mission: die Unterstützung von Unternehmen aus der Hörakustik bei den Themen Otoplastiken, Gehörschutz und In-Ear-Monitoring. Auf dem audiosus-Event erläuterte Schmidt jedoch nicht nur die notwendigen Voraussetzungen und Vorteile der Inhouse-Fertigung von Otoplastiken, sondern auch deren Risiken und Grenzen. So sollten verkürzte Lieferzeiten, Kosteneinsparungen und attraktive Möglichkeiten für Mitarbeitende stets mit der einhergehenden Investitionsbereitschaft und dem Mehraufwand abgewogen werden, riet Schmidt und gab den ultimativen Tipp, sich besonders bei der Auswahl des passenden Set-ups gut beraten zu lassen.

audiosus als Werkzeug für die Zukunft

Dass notwendige Veränderungen durchaus Spaß machen können und audiosus auf diesem Weg nützliche Werkzeuge bietet, wurde auf der Veranstaltung aber auch an Praxisbeispielen verdeutlicht. So zeigte Peter Möckel himself die Changemanagement-Umsetzung am Beispiel der Hörgeräte Möckel GmbH auf, während Virginie Schadow davon erzählte, wie sie mit der Unterstützung von dem neuen aurelia Kids-System Kinder ganz spielerisch in die Hörversorgung miteinbezieht- unabhängig davon, welche Art der Hörsystemversorgung bei ihnen eingesetzt wurde. Die Pädakustik sei auf jeden Fall „eine ganz wundervolle Investition in die Zukunft“, so die Geschäftsführerin vom Fachgeschäft Hörstil in Erfurt.

Eine wahre Liebeserklärung an audiosus offerierte gar einer der renommiertesten deutschen Filmkomponisten, Henning Lohner. Er wurde mit einem erheblichen Hörfehler geboren, der sich im Laufe der Jahre immer weiter verschlechterte. Nach jahrzehntelangen Experimenten habe ihm schließlich Janine Otto, Inhaberin der Hilkenbach Hörwelten in Brinkum bei Bremen, sein „Hörleben gerettet“- auch dank ihrer Anwendung des Freifeld-Anpasssystems aurelia. „Durch aurelia habe ich wieder Dinge gehört, die ich 30 Jahre verzweifelt gesucht habe. Man spürt schon im Fachgeschäft, wie man zu einem besseren Ergebnis kommt. Und wenn man dann auf die Straße tritt, erlebt man plötzlich eine ganz andere Welt“, schwärmte Lohner per Videobotschaft. „aurelia ist nur emotional erklärbar, denn meine Hörgeräte sind ja schließlich die gleichen wie vorher gewesen. Christoph Stinn hat auf jeden Fall etwas erfunden, was absolut visionär ist.“

Das Event 2.0 war auch eine Premierenfeier

In sehr naher Zukunft möchte audiosus aber auch subjektive Empfindungen objektiv sichtbar machen. Das Mittel zu diesem Zweck liefert – innerhalb von nur wenigen Minuten – das weltweit einzigartige Messverfahren der Höranstrengung mit dem Namen ACALES. Das wissenschaftlich geprüfte Verfahren steht für Adaptive Categorial Listening Effort Scaling und soll voraussichtlich ab April als Modul in die aurelia-Anpassung integriert werden. Die gemeinsame Kooperation vom Hörzentrum Oldenburg und der audiosus GmbH wurde auf der vergangenen EUHA beschlossen und in Bad Windsheim von Dr. Dirk Oetting vom Hörzentrum Oldenburg sowie im Rahmen einer Live-Demo das erste Mal vorgestellt. Mehr Informationen zu der schnellen und einfachen Messung der Höranstrengung finden Sie auch in unserem Infokasten.

Wie viel Interesse ganz generell an dem Konzept von audiosus besteht, zeigte auch die illustre Gästeliste des Events: Unter den rund 200 Gästen befanden sich Starkeys Geschäftsführer Markus Böcker sowie Vertreter fast aller namenhaften Hersteller und wichtigen Player der Branche. Auch Hörakustikmeisterin und EUHA-Präsidentin Beate Gromke war präsent – als „Privatperson“, wie sie augenzwinkernd sagte. Seinen Abschluss fand die Veranstaltung dann bei einem fränkischen Buffet, Livemusik, Tanz und ganz viel Networking. Ob und wann ein drittes audiosus-Event stattfinden soll, wurde noch nicht kommuniziert. Aber wir haben gehört: Voraussichtlich Ende 2025, spätestens Anfang 2026 soll es wieder so weit sein.