Hörgesundheit für alle
Am 14. März 2025 feierte im Mediapark Köln ein neues Veranstaltungsformat Premiere, das Fachpublikum und Betroffene ansprach.

Organisiert wurde der erste „Tag der Hörgesundheit“ vom Netzwerk Hörgesundheit, das sich für eine umfassende Hörversorgung einsetzt und Hörakustiker*innen zukunftsfeste Geschäftsmodelle anbietet.
Ein „abwechslungsreiches Programm in außergewöhnlichen Räumlichkeiten“ hatten die Veranstalter im Vorfeld versprochen und boten den Anwesenden tatsächlich ein sehr kompaktes Angebot in Form von Keynotes, Panels, Entertainment und einer kleinen Industrieausstellung in einem Kino und dem größten Start-up-Zentrum in Nordrhein-Westfalen.
Das Besondere des neuen Eventformats war jedoch, dass sich die Veranstaltung sowohl an Experten als auch an Betroffene richtete: Während das Fachpublikum von 12 bis 17 Uhr zunächst unter sich blieb, öffneten sich am Abend auch die Türen für Betroffene und ihre Angehörigen. Bis circa 22:30 Uhr lief das gemeinsame offizielle Programm, das auch genügend Zeit für gemeinsamen Austausch und den Besuch einer kleinen Industrieausstellung ließ, an der neun namenhafte Hersteller teilnahmen. Verlängert werden konnte die Nacht der Hörgesundheit bei einer Silent Party, die bei einer Handvoll Teilnehmenden noch bis in die frühen Morgenstunden Anklang fand.
Trendthema KI
Inhaltlich ging es bei der Kölner Veranstaltung mit dem Namen „Tag der Hörgesundheit“ vor allem um die Frage, wie das Zusammenspiel von neuen Forschungsansätzen, modernster Hörgerätetechnologie, künstlicher Intelligenz und individueller Betreuung nachhaltig optimiert werden kann. Den Auftakt dazu machte im Kölner Cinedom Prof. Dr. Marlies Knipper, die in ihrem Impulsvortrag die aktuellen Herausforderungen der Branche beleuchtete, den Einfluss von künstlicher Intelligenz auf die Arbeit der Hörakustiker erörterte und die Bedeutung der aktiven Einbindung von Betroffenen in den Behandlungsprozess hervorhob.
Um das Trendthema KI ging es auch am Nachmittag im Nachbargebäude STARTPLATZ Köln, dem größten Start-up-Zentrum Nordrhein-Westfalens. Hier fanden insgesamt drei verschiedene Expertenpanels statt, in denen über die neuen Möglichkeiten und Grenzen von KI in der Hörakustikbranche diskutiert wurde. Wird KI nur heiß gekocht oder gibt es schon jetzt relevante Auswirkungen auf mein Geschäft? Wie weit kann KI bei der Hörgesundheit der Menschen überhaupt helfen? Gibt es Grenzen? Wird sich die Arbeit in meinem Fachgeschäft in den nächsten zwei bis drei Jahren durch KI verändern? So lauteten die teilweise heiß diskutierten Fragen. Intervenierende waren unter anderem Otoplastik-Experte Dominic Schmidt, Matthias Parr von Starkey und Unternehmensberaterin Dr. Birgit Gabriel. Aber auch KI-Expertin Dr. Katharina Pohl berichtete über ihre Erfahrungen bei der opta data Gruppe zum sinnvollen Einsatz von KI im Gesundheitswesen und diskutierte darüber mit Bäcker Christian Scherpel, der in seinem Unternehmen bereits ein eigenes GPT eingeführt hat, sowie Tobias Szarowicz, Unterstützer von KI-Start-ups.
Der Mensch als Co-Pilot und wichtiger Begleiter
Die grobe Quintessenz dabei lautete: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die KI routinemäßige Vorgänge aus der Menschenhand nimmt. Abwägen, sich austauschen, flexibel sein und sich weiterbilden gehören deshalb zu den wichtigsten Skills der Zukunft. Und vor allem brauche die Technik den Menschen als Co-Piloten. In der Hörakustik würden diesbezüglich neue Versorgungsangebote mit mehr Patientenfokus, beispielsweise strukturierte Patientenpfade, eine immer größere Rolle spielen. Sie können und sollen den Kunden den Weg zu einer bestmöglichen Versorgung transparent und verständlich aufzeigen. „Je mehr ich weiß, desto mehr kann ich auch aktiv mitarbeiten“, brachte Diskussionsteilnehmer und Tinnitus-Coach Frieder Kühne diesen Umstand auf den Punkt.
Mehr Wissen, eine bessere Begleitung und menschliches Feingefühl hätten sich auch Helga Velroyen und Jana Verheyen besonders am Anfang ihrer Hörreise gewünscht. Das betonten die Hörsystem- und CI-Trägerinnen im Rahmen der abendlichen Betroffenen-Diskussion immer wieder. Helga Velroyen, die im Laufe ihrer fünfzehnjährigen Hörreise eine wahre Leidenschaft für das Thema Hören entwickelte, erzählte in diesem Zusammenhang auch von ihrer Erfahrung mit dem terzo-Hörtraining. Es habe ihr viel abverlangt, aber auch eine ganz neue, unerwartete Perspektive auf ihr eigenes Hörbewusstsein eröffnet. Vervollständigt wurde die Podiumsdiskussion von Reinhold Geiss, dem Vater von Kult-Millionär Robert Geiss. Er reiste zu der Veranstaltung extra aus seiner Wahlheimat Spanien an und erzählte als rheinische Frohnatur von seinen Ängsten und Sorgen, die ihn bisher von einer längst überfälligen Versorgung abhalten.
Das Betroffenen-Panel war Teil der „Nacht der Hörgesundheit“, in der „das Gehör gefeiert werden sollte“ und die genauso wie der „Tag der Hörgesundheit“ ein reichhaltiges Vortragsprogramm bot. Zu den weiteren Rednern am Abend gehörten Andreas Wolter, Bürgermeister der Stadt Köln, KI-Papst Florian Arndt und Fernsehmoderatorin Constanze Angermann. Kurzfristig absagen musste allerdings biha-Präsident Eberhard Schmidt, der als einer der prominentesten Keynote-Speaker angekündigt war.
Fortsetzung folgt
Die Organisation der Veranstaltung und insbesondere die Teilnehmerakquise seien eine „echte Herausforderung“ gewesen, gab Sebastian Garcia Dennemark, Geschäftsführer des Netzwerks Hörgesundheit, zu. Die Besucherzahlen blieben hinter den ursprünglich gesteckten Erwartungen zurück: Laut Angaben der Veranstalter nahmen am ersten Tag und an der ersten Nacht der Hörgesundheit rund 200 Personen teil, darunter circa 100 Hörakustiker*innen und 50 Betroffene. Unter den Anwesenden seien auch fünf Geschäftsführer von kleinen und mittelgroßen Filialisten gewesen, „die es spannend finden, wie wir den Markt betrachten und nach neuen Lösungen suchen“, so Garcia Dennemark.
Insgesamt sei er mit der Premieren-Veranstaltung aber sehr zufrieden, insbesondere mit der „Qualität und Authentizität“ der Vortragenden, die allesamt unentgeltlich ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Köln zur Verfügung stellten. Der Geschäftsführer freute sich aber über die Unterstützung der anwesenden Hersteller, welche die Veranstaltung zur Hälfte finanziert hätten. Laut Garcia Dennemark wird die Veranstaltung auf jeden Fall eine Fortsetzung haben. Zunächst müsse jedoch die Premiere genauestens analysiert werden, um für das nächste Event den richtigen Zeitpunkt und das passende Format festzulegen. Deshalb kann Garcia Dennemark momentan „nur“ versprechen: „Das Netzwerk Hörgesundheit probiert weiterhin alle Optionen aus, um ein Maximum an noch nicht Versorgten zu erreichen und um neue, nachhaltige Geschäftsmodelle für Hörakustikerinnen und Hörakustiker zu finden.“